Re:marx an der Bar im Atomino.
Re:marx an der Bar im Atomino.

Re:marx an der Bar im Atomino.

Da wo einst kreisförmige Beete mit streng geometrischem DDR-Charme wohl gediehen, wächst nun das hoch modernisierte, schnelllebige und ökologisch ohnehin total nachhaltige Grüne Band der grauen Stadt Chemnitz. „Wall“ heißt es, was natürlich eine Referenz an den dunkelgrünen Walld sein soll. Da wo einst die runden Beete waren, da befand sich sozusagen der ehemalige Wintergarten vom Atomino, der unerschütterlichen Club-Bastion in den doch eher etwas lockeren Festen der Chemnitzer Hochkultur-Burg.

Wer raus rauchen musste, der saß an den Beeten. Wer suffige Club-Tränen trocknen lassen wollte, der saß an den Beeten. Wer sich vom heißen Tanz erholte, saß an den Beeten. Heimliche Liebeleien – hinterm Beet. Wer ohnehin schon zu betrunken war, lag im Beet. Egal ob im Sommer, im Winter, oder irgendwann dazwischen: die Beete waren die Auffangstation für die Clubgänger und deren Geschichten. Jetzt sind die Beete weg und alles ist so gerade, irgendwie. Es gibt zwar Bänke, aber das ist ja auch langweilig. Doch nicht nur die Beete sind weg, das Atomino ist es auch bald. Es zieht um, weg vom einstigen schönsten Platz in Chemnitz, in eine Gegend, in der man die runde DDR-Geometrie noch zu schätzen weiß – in Richtung Brühl also. Genauer gesagt, die Mühlenstraße, Karl-Liebknecht-Schule, die 2010 schon einmal von den Begehungen eingeweiht wurde und die jetzt erneut mit verschiedenen Kultureinrichtungen wiederbelebt werden soll.

Dabei war auch die Location am Johannisplatz nur eine Zwischenlösung. In einer Zeit vor unserer Zeit, manch ein altgestriger Chemnitzer vermag sich vielleicht noch düster erinnern, stand das Atomino nicht mitten in der Stadt, sondern irgendwo da hinten nahe Schloß. Der zentrale Standort – eigentlich nur eine Zwischenlösung, eine Option. Nun weicht das Atomino, in Vereinbarung mit dem Vermieter, einer Kunst-Galerie, das Objekt bleibt also im kulturellen Gebrauch. Direkt gegenüber am Schutz-Wall der Moderne, eröffnet im Rawema-Haus ein Hotel – die latente Angst vor fiesen Lärmbeschwerden hängt leise in der Luft. Aber dennoch: der Umzug sei eine schöne Sache und ungemein spannend, sagt Jan Kummer, das offiziele Maskottchen des Clubs. Die längst liebgewonnene 70er Jahre Ästhetik von Jetzt weicht den neuen Möglichkeiten von Morgen und endlich gibt es auch wieder einen Freisitz, vielleicht mit runden Beeten – denn wir wissen: im Club ist vor dem Club. Aber zuerst wird sich gebührend verabschiedet. Nicht von den Beeten, die sind schon weg. Aber von den Geschichten und Abstürzen, den intensiven Bar-Gesprächen und den wilden Tänzen, deren Spirit noch so schön in den Schnörkeln der Tapete hängt.

 

Deshalb am Samstag: (um Karten steht es wohl schon knapp)

http://www.youtube.com/watch?v=R2IwxP0FF4o

 

Auf einen Gin Tonic mit Jan Kummer

Der legitimierte Pressesprecher des mittlerweile legendären Klubhaus‘ Atomino spricht an der Bar im Atomino kurz vor dessen viel antizipierten Umzug auf die Mühlenstraße mit uns über den stetigen Wandel der Visionen.

 

Wie lange sind Sie hier?
Naja, die Frage ist ja erstmal, wer bin ich überhaupt?
Aus welcher Perspektive antworte ich hier?
Bin ich privat oder bin ich das Atomino? Wenn es um meine Rolle in dieser Kultureinrichtung hier geht, dann bin ich schon sehr lange hier dabei, über zehn Jahre schon, seit Beginn eben.

Warum sind sie hier?
Es bestand vor zehn Jahren in Chemnitz das Bestreben für sich selbst, einen maximal angenehmen Ort zu schaffen. Einen Ort mit guter Musik und einem ebenso gutem Kulturprogramm. Mit dem Angebot der Anderen waren wir damals irgendwie nicht vollständig zufrieden und deshalb gibt es jetzt das Atomino, was eine sehr gute Sache ist, denke ich doch mal.

Was ist ihre Mission?
Es gibt keine Mission, denn die Mission verändert sich stets. Die Visionen, die man hat, sind letztendlich immer andere. Der Wandel ist die entscheidendste Hülle, der Wandel ist der Macher.

Ihre Lieblingslieder?
Lieblingslieder? Nein, ich habe keine Lieblingslieder. Ihr müsst wissen, ich hatte vor dem Atomino einen kleinen Plattenladen – wenn man sich so viel mit Musik befasst, dann schwanken die Lieblingslieder immer.

Ihr liebster Ort in Chemnitz?
Oh das ist ganz einfach. Der Ort in Chemnitz, der mir am liebsten ist, ist immer noch mein Zuhause.

 

Wir bedanken uns für das Gespräch, die schönen Zeiten und schauen gespannt in Richtung Brühl.

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