re:marx in Gefahr: Im VIP-Bereich beim CFC-Spiel
re:marx in Gefahr: Im VIP-Bereich beim CFC-Spiel

re:marx in Gefahr: Im VIP-Bereich beim CFC-Spiel

Keine andere Kategorie hat auf diesem Blog so viel Tradition und doch so wenig Beiträge wie re:marx in Gefahr. Dabei haben wir – zumindest in Gedanken – ständig so Sachen wie Krach in der Innenstadt gemacht, in den Untiefen der hiesigen Nipster-Szene recherchiert, Volksmusikveranstaltungen torpediert, uns als Praktikanten bei der Blauen Narzisse probiert, uns in der Parkeisenbahn bei voller Fahrt entblößt – und das alles ohne Impressum.
Kein Abgrund und kein Schnapsglas sind uns zu tief, kein Risiko zu reich, kein innerstädtisches Alkoholverbot zu straff. Als Reporter ohne Schamgrenzen, ohne Schmerz und ohne Herz, gehen wir dahin, wo es weh tut. Deshalb wird es endlich Zeit für ein Re:marx in Gefahr: in der Südkurve auf der VIP-Tribüne beim Heimspiel des CFC.

Unsere Himmelblauen machen uns manchmal so sentimental wie kitschige NDW-Songs von Ideal. Die babyblauen Fanschals jedenfalls gehören zumindest an Wochenenden genau so fest ins Stadtbild wie Rollatoren und der Rote Turm. Nachdem man letzte Saison chronisch abstiegsbedroht war, erfolgte  der übliche Trainerwechsel und eine grundsätzliche Verjüngungskur beim „Spielermaterial“ Und siehe da: Bisher bietet man in der neuen Saison durchaus Anlass für den berühmtberüchtigten Chemnitzer (Brau)Stolz: Nicht nur, dass man Erstligist Mainz 05 spektakulär aus dem Pokal kickte und wirklich nur ganz ganz knapp mit 0:2 an Bremens Schießbude scheiterte, nein mit 28 Punkten – also nur zwei Punkten Rückstand auf den Tabellenersten SV Wehen Wiesbaden – rangiert der CFC derzeit sogar auf Tabellenplatz vier. Sprich: Da ist noch alles drin.

Einige Fans des CFC spielen indes in ihrer eigenen Liga – manch einer wundert sich, dass sie noch keine HoGeSa-Demonstration in der Innenstadt organisiert haben. Äußerst sympathische Gruppierungen wie die NS-Boys (NS steht hierbei ganz klar und total zufällig für New Society) jedenfalls kämpfen erhobenen rechten Armes gegen die Linksradikalisierung und Kommerzialisierung dieses doch stets so friedfertigen Sports, der den Kummer geplagten Deutschen Spieltag für Spieltag seine Alltagssorgen vergessen und seine Artgenossen vermöbeln lässt. Für den re:marx-Gefahrenreport besuchten wir vergangenen Samstag das Heimspiel im Hexenkessel Gellertstadion gegen den Tabellenletzten Jahn Regensburg und begaben uns vollkommen ungeschützt in den gnadenlosen Schlund der VIP-Tribüne, wo wir die ganze Zeit nackt und nur mit Kaviar bedeckt in Champagner badeten, während auf dem Spielfeld… nun ja. Lest selbst in unserem Live-Ticker aus dem Fanblog, der längst kein Live-Ticker mehr ist.

13:40
Robben gehört in den Zoo, Messi erstickt im Müll und CR7 sitzt mal wieder beim Frisör: In Chemnitz  aber wird der wahre Fußball gespielt. Schließlich hat nur der CFC echte Legenden der Fußballleidenschaft ans Flutlicht gebracht. Also, ähm: Michael Ballack.

Chemnitz gegen Regensburg. Das heißt Kampf und Emotionen, Blut(ige Knie) und am Boden liegende Männer

13:48
Nach zuletzt schwachen Leistungen ist Chemnitz im Niemandsland der Tabelle durchgereicht worden wie Uschi Obermaier bei den Rolling Stones. Noch schlechter sieht es allerdings für Regensburg aus – schließlich haben sie die rote Laterne.

13:50
Nur mit einem Sieg kann Chemnitz wieder den Anschluss zur Tabellenspitze herstellen. Die drei Punkte müssen heute also her, sonst lohnt sich der Stadionumbau ja gar nicht mehr.

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Die Chemnitzer Hymne wird gespielt, die Südkurve steht wie eine eins.energie Sachsen Reklame.

13:58
Auf der Südtribüne würde man die Namen der Spieler vermutlich auch lauthals in die milde Herbstluft schreien, wenn man stumm wäre. Taub wird man ohnehin fast beim Einlauf der Mannschaft, denn jener wird begleitet von den pathetischen Klängen des Fluches der Karibik – vielleicht wäre eine Flucht in die Karibik doch die bessere Alternative gewesen.

14:00
Anstoß!
Die Ereignisse überschlagen sich:
Erster Fehlpass nach drei Sekunden, das kann auch einem Xavi mal passieren.
Erste Ecke für Chemnitz, erste Chance und gleich ein Konter, der aber bleibt ohne Gefahr.
Das Chemnitzer Abwehrverhalten derweil so stabil wie Innenbänder von Thiago Alcantara, aber die Himmelblauen spielen zugleich auch gegen die gelbe Sonne am blauen Himmel an. Der erste Ball landet daraufhin in der Nordkurve. Lebensgefahr für den Reporter vor Ort – dieser kann aber durch schnellen Sofort-Freibierkonsum gerade so noch gerettet werden.

14:xx
Nach Anfangsschwierigkeiten hat sich die Chemnitzer Mannschaft allmählich stabilisiert. Auch die kritische Lage in der Südkurve scheint deeskaliert. Als dann fast das erste Tor für den CFC fällt geht ein mehrmaliges Raunen durch das Stadion – Fußball von einem anderen Stern.

14:xx
Tooooooooooooor
Türpitz. Vorlage Fink
Und auch fast der Ausgleich – aber nur fast.

14:22
„Allez, allez, allez, allez. Unsere Heimat ist die Kurve unser Stolz der CFC“

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(Protokoll des zweiten Tores für Chemnitz im Kaviar-und Konfetti-Jubel verschollen)
14:26
Das Spiel jetzt derart ereignisarm, dass sogar eine Fahrt mit der Parkeisenbahn oder ein Besuch des sächsischen Eisenbahnmuseums spannender wäre. Einzig auf die Süd ist noch Verlass: „Scheiß Dynamo. Hurensöhne“

 14:33
Tooooooooooooor
3:0
Der Torwart der Regensburger: Eine Konifere im Kasten – das muss selbst ein Oliver Kahn selber sehen.
Fast das nächste Tor, aber Türpitz klärt. Humorlos, trocken, stur und gnadenlos wie nur ein Chemnitzer klären kann.

14:49:
Halbzeit: Essen, Schampus-Massagen und Händeschütteln im VIP-Bereich.

15:02
Anstoß zweite Halbzeit: Bereit zu begeistern.

15:09
Begeisterung auf der Süd – man feiert schon mal den Endsieg:
„Wer waren die Sieger die ganzen Jahre. Das war Chemnitz, keine Frage. Vom Rhein bis an die Neiße, immer wieder Wismutscheiße“
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Das Spiel hat so mittlerweile so viel Charme, als würde hier nicht die absolute Champions League sondern doch nur ein klasse Drittligist gegen einen drittklassigen Abstiegskandidaten spielen. Manche nennen sowas auch souveräne Ergebnisverwaltung
Nach 50 Minuten melden sich erstmalig die Regensburger Fans mit krachähnlichen Geräuschen aus dem Gästeblog. Die Chemnitzer haben ihre Kreativität derweil dem Spiel ihrer Mannschaft angeglichen und skandieren lauthals das, was wir alle so inbrünstig lieben: Chemnitz. Chemnitz. Chemnitz.
Und siehe da: Tooooooooooooor.
So schön heraus gespielt, dass selbst die Regensburger Fans mitklatschen. Smells like Kantersieg!
Tooooooooooooor.
4:1
Regensburg schlägt zurück und überfällt den CFC nach einer Ecke mit einem Konter wie einst die Nazis Polen.

15:30
Oha. Noch einene Ecke. 4:2? Der Gegner ist gefährlich nach Standards – aber keine Gefahr
Trotzdem wird mit harten Bandagen gekämpft: Nach vielen Fouls und Zeitspiel hat mittlerweile fast die gesamte Regensburger Mannschaft eine gelbe Karte. Die Südtribüne interessiert das aber weniger, hier kennt man nur ein gelb-rotes Problem: „Hey hey. Scheiß Dynamo, scheiß Dynamo. Hey hey“ Aber immerhin auch noch echte Liebe: „Oh FCK. Wir sind immer für dich da. Das ganze Leben, das ist doch klar“

Das Spiel ist fast vorbei, da kann auch mal der Kapitän ausgewechselt werden. Lang anhaltender Applaus und dann: Aus, aus. Das Spiel ist aus!
Stehende Ovationen, 5070 mal Gänsehaut, ein Spiel für die kurze Ewigkeit eines Samstagnachmittags: Chemnitz ist wieder da, wo es hingehört. Im oberen Tabellendrittel.

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15:50
Die Spieler verabschieden sich von der Südkurve, die noch geschlossen im Stadion bleibt und nicht nur den Sieg des CFC sondern auch Dynamos Niederlage mit freudiger Erregung zelebriert. Ein Spieltag, epochaler als jedes gewonnene WM-Finale – Ein Hoch auf uns“ darf da zum krönenden Abschluss natürlich nicht fehlen. Episch!

 

Gefahren-Fazit:
Die Südkurve enttäuschte durch fast schon einstudiert wirkende Steno-Gesänge und konnte weder mit platten Parolen, noch mit geilen Pyros, Randalen oder anderen skandalösen Auffälligkeiten glänzen. Auch die erhoffte Choreografie, die Rico Ranunkels Konterfei im Publikum darstellen sollte, blieb aus. Von den CFC-Fans ging insgesamt so wenig Gefahr aus wie von der Regensburger Mannschaft. Einzig die Musikauswahl, das Freibier und die Qualität des Spiels machten unserem Reporter zu schaffen.

(dmcs, ylh)

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