Es gibt die schlechten Tage. Die, an denen man meint, aufgrund des unfassbar mangelhaften (pop)kulturellen Interesses, das die Stadt, oder viel mehr deren juvenile Bevölkerung, an den Tag zu legen scheint, verzweifeln zu müssen. Dann schreibt man, zumeist jedoch nur in Gedanken, lange lange Briefe. An die Stadt, die Leute, das eigene bemitleidenswerte, triste Dasein in Kombination mit ebenjenen. Muss man aber nicht. Denn es gibt auch die guten Tage. Dann erscheint das eigene Dasein in Kombination mit der unsäglichen Stadt und den komischen Leuten weder bemitleidenswert noch trist, und überhaupt: die Stadt ist schön und die Leute sind super! Dann malt man ganz entzückt pubertäre kleine Herzen in den Hefter oder auf das eigene Facebook-Profil.
Und da wären wir auch schon beim mehrteiligen Stichwort: guter Tag, Stadt und Herzen. Denn die Future Islands bespielten die ausverkaufte BETA-BAR (guter Tag) in Chemnitz (Stadt) und sangen hingebungsvoll von Herzen. Von gebrochenen, ängstlichen, zögernden, glücklichen, triumphierenden, ach allen möglichen Herzen – Hauptsache mit Herz. Und weil bei diesem fabelhaften Wunsch-und Wohnzimmerkonzert nicht nur literweise Herzblut vergossen wurde, sondern auch eine ganze Menge Schweiß und sogar manch eine heimliche Träne, zerfloss man im Publikum kollektiv vor lauter Rührung/Hitze/Glückseligkeit und vergaß, dass das Dasein in der komischen Stadt ja eigentlich so trist ist. Und wohl auch, dass der stets ein wenig sentimental (wegen der Sache mit den Herzen) flirrende New-Wave-Elektro-Pop, den die drei von der Zukunftsinsel da fabrizieren, für genau die perfekten heißen Sommerabende gemacht ist, die uns derzeit so strikt verwehrt bleiben. Letztendlich standen also alle Münder offen, nicht nur, um die Akklimatisierung zu optimieren, sondern auch einer Bühnenpräsenz wegen, die schlichtweg ähm … atem(be)raubend war. Selten hat man wohl eine derartige Hingabe kombiniert mit solch einem Stimmvolumen und theatralischem Gestus erlebt – da verzeiht man sogar die strömenden Bäche endlosen Schweißes, die dabei unaufhörlich über die Bühne rinnen oder die Faust, die sich Sänger Sam wild in den Mund steckt.
„Do you believe in love?“ fragt Sam mantrahaft im Song „Before The Bridge“ – „do you believe?“ Nach einem solchen Abend vermag man ohne Zögern zu antworten: Ja.
Exklusiv für re:marx gibt es genau an dieser Stelle bald eine Extra-Portion Herz garniert mit ganz viel Teelichter-Kitsch, denn nur die Liebe zu Chemnitz zählt (um es mal auf eine übertriebene Spitze zu bringen) – seid gespannt und bleibt am Ball.
Konzert-Fotos: www.tombaerwald.com