Was wir mit Leonardo DiCaprio & Facebook gemeinsam haben. Oder: re:marx goes Leipzig!
Was wir mit Leonardo DiCaprio & Facebook gemeinsam haben. Oder: re:marx goes Leipzig!

Was wir mit Leonardo DiCaprio & Facebook gemeinsam haben. Oder: re:marx goes Leipzig!

Der ehemalige Profi-Handballer Stefan Kretzschmar nimmt sich unseren Lieblingschoreografen Detlef „D“ Soost als Vorbild und bietet als etwa 129. Pseudopromi einen eigenen Fitnesskurs basierend auf der Interaktion mit dem eigenen Körpergewicht an. Facebook etabliert nach 268 Jahren der Mutmaßungen offiziell neue Reaktions-Buttons. Und Leonardo DiCaprio erhält im gefühlt 564. Anlauf seinen ersten Oscar. Was haben diese weltbewegenden, jedoch auf den ersten Blick nicht im Zusammenhang-stehenden Ereignisse allesamt gemeinsam? Sie waren so vorherseh- wie gleichzeitig unvermeidbar. „Es ist eben nur eine Frage der Zeit“, könnte hier stellvertretend als Leitspruch gelten. In dieser Reihe der historischen Ereignisse wollen auch wir uns nun einordnen.

Nachdem lange nicht klar war, in welcher Form eine ähnliche virale Explosion erreicht werden könnte, kam uns letztendlich während einer gemeinschaftlichen FKK-Twister-Runde die Erleuchtung: Leipzig! Ein halbes Auge schielte bereits in unzähligen Beiträgen auf die geliebthasste Nachbarstadt. Neid, Eifersucht und vor allem Missgunst bildeten hier meistens wichtige Faktoren, denn Chemnitz stinkt in nahezu allen erdenklich Kategorien gegenüber seinen großen Bruder ab – so lautet zumindest die Meinung der ohnehin verhassten Allgemeinheit. Grund genug, um eine Zweigstelle in der Stadt zu eröffnen, die nicht einmal ansatzweise so viele coole Spitznamen wie Karl-Marx-Stadt hat. Damit einher geht natürlich unter anderem die Tatsache, auf weit über 500.000 potenzielle Leser und Menschen zu stoßen, über die wir uns aufregen können.

Natürlich gilt für uns wie immer: Wir sind viel zu spät dran. Nicht umsonst bezeichnet die 15-jährige Vicky Pedia Leipzig als „am schnellsten wachsende Großstadt Deutschlands“. Die Mietpreise befinden sich auf einem Niveau, das wir uns trotz ausgiebiger Product-Placements höchstens für einen Tag im Monat leisten können. Aber glücklicherweise wollen mittlerweile so viele Chemnitzer Studenten der Generation 200x nach Leipzig umsiedeln, ohne auch nur den Hauch einer Chance auf ein gesichertes Einkommen zu besitzen, sodass wir zumindest für die kommenden drei Jahre eine gesicherte Einnahmequellen haben – auch wenn dafür jede Nacht jemand in den heiligen Leipziger re:marx-Hallen nächtigen muss.

Völkerschlachtdenkmal
Die Ruhe vor dem Sturm am Völkerschlachtdenkmal: Schon bald stapeln sich hier die Tinder-Dates und keiner weiß mehr, wer zu wem gehört.

Grob zusammengefasst heißt das also: Zukünftig werden bei re:marx auch Leipzig-typische Fragen beantwortet. Dazu gehören beispielsweise:

  •  Welche Faktoren haben dazu geführt, dass die Stadt den unfassbar hässlichen Spitznamen „Hypezig“ erlangen konnte?
  • Kann das Völkerschlachtdenkmal wirklich als perfekte Location für ein Tinder-Date bezeichnet werden?
  • Wie weit kann man das Gondwana-Land im Leipziger Zoo riechen?
  • Chemnitzer Brühl vs. Leipziger Höfe am Brühl: das Duell der Giganten
  • In welcher Bestzeit kann die Leipziger Buchmesse durchquert werden?
  • Ist die Leipziger Bevölkerung wirklich so stilbewusst wie Sami Slimani?
  • Legida-Demonstrationen oder Amazon-Logistikzentrum-Streiks: Wo kreisen mehr Polizeihubschrauber?
  • Muss die Sternburg-Brauerei als das eigentliche Wahrzeichen von Leipzig bezeichnet werden?
  • Chemnitz ist vor allem durch Koryphäen wie Falko Rock, Marco Stahn und Pandaro legendär geworden, doch welche Legenden hat Leipzig zu bieten?

Der Schritt nach Leipzig war fast schon vorherbestimmt. Unser allerallerallererster Beitrag drehte sich um ein Konzert der in Vergessenheit-geratenen Ursprungshipsterkapelle Hercules & Love Affair, die damals im Conne Island ihren Disco-Indie-Pop präsentierten. Mit dem zeitlichen Abstand liest sich der damalige Text wie ein Dokument aus einem anderen Universum: bedeutungsschwangere Metaphern? Nö. Meterlange verkomplizierte Schachtelsätze? Nei-hein! Ausufernde Hasstiraden? Fehlanzeige. Im Vergleich könnte kaum deutlicher werden, was fünf Jahre Chemnitz aus einem Menschen machen können. Dennoch, oder vor allem deswegen, blicken wir mehr als melancholisch auf den März 2011 zurück, als die Welt noch irgendwie ungezwungen auf einen wirkte – auch wenn das damalige Verständnis komplett anders war und man sich bereits zu diesem Zeitpunkt von den Repressalien erschlagen fühlte. Ein Blick auf das Jahr 2021 sollte also gar nicht erst gewagt werden.

Um sicherzugehen, dass der eigentlich vorbestimmte Weg auch der wirklichwirklich richtige ist und wir damit nicht unsere komplette Stammleserschaft vergraulen, die uns dann keine Kommis mehr unten in den Kommentaren hinterlassen würden, haben wir uns vorher noch bei professionellen Rat von wahren Experten geholt. Die Astro-TV-Sternchen Lorelei und Luke haben ihre zunächst ihre Tarotkarten und Edelsteine befragt und dann auch noch aus unseren verschrumpelten Händen gelesen. Das Ergebnis war eindeutig: Neben der Aussicht auf eine glorreiche Zukunft inklusive unzähligen Nachwuchs-re:marx-lern und weiterhin 0 Geld stellte das bezaubernde Pärchen jedoch eindeutig klar, dass unsere Zukunft in mindestens zwei sächsischen Metropolen liegen wird.

Dieser Geheimgang führt von Chemnitz nach Leipzig. Die Freude über die vermeintliche Flucht ist deutlich an den Armen erkennbar.
Dieser Geheimgang führt von Chemnitz nach Leipzig. Die Freude über die vermeintliche Flucht ist deutlich an den Armen erkennbar.

Wir wollen jedoch auch weiterhin von Grund auf ehrlich sein: Wir befinden uns nicht erst seit vorgestern in Leipzig, sondern seit bereits mehreren auf- und untergehenden Monden. Nicht ein einziger Leipziger sollte zunächst von unserem Aufenthalt erfahren, denn so konnten erste Impressionen gesammelt werden, ohne dass sich die Stadt exklusiv nur für re:marx verstellt und von ihrer besten Seite zeigt.

Die erste Erkenntnis aus dem noch nicht allzu langen Daueraufenthalt kann direkt präsentiert werden und geht als Ratschlag durch, der nicht auf Leipzig speziell ausgelegt ist und eher Allgemeingültigkeit besitzt: Zieht niemals auch nur ansatzweise in die Nähe einer Kirche. Ohne nun in atheistische und anti-kirliche Parolen auszuufern, sollte jeder diesen Tipp in seinem kompletten Leben immer und überall berücksichtigen. Der Grund: Die Dinger bimmeln jede gottverdammte (ha!) viertel Stunde. Nach fünfzehn Minuten: 1x, nach dreißig Minuten: 2x, nach fünfundvierzig Minuten: 3x. Zusätzlich zu jeder vollen Stunde so oft wie die entsprechende Uhrzeit beträgt (englische Zeitrechnung), was selbst um 0.00 Uhr noch 12x ergibt. Das macht nach Adam Riese und stundenlanger x- und y-Umstellung…(fünf abgezogen)…(drei im Sinn)…haargenau 115xKirchenglockenläuten. Und das J.E.D.E.N. Tag! Nicht zu vergessen die speziellen Anlässe wie Sonntag (PFUI!), Hochzeiten (Doppel-PFUI!!) und Feiertage (geil). Gewöhnung am Arsch: Neben dem Trailer zum Remake der Ghostbusters der größte Skandal der Menschheitsgeschichte. Natürlich hat diese Erkenntnis wie bereits erwähnt wenig mit Leipzig selbst zu tun, aber seit der Gründung vor fünf Jahren gilt re:marx ja bekanntlich auch für viele als Elternersatz. Und da wir uns um unsere Kinder kümmern wie sonst höchstens Angelina Jolie und Brad Pitt um ihre unzähligen Plagen, gehen wir mit diesem kleinen Rage-Mode-Exkurs nur unseren gesetzlich-festgelegten Elternpflichten nach.

Michaeliskirche
Der Ort der grausamsten akustischen Qualen, die ein Mensch auf Dauer erleiden kann.

Die Expansion nach Leipzig bedeutet natürlich nicht, dass wir unserer unfreiwillig gewählten Quasi-Heimat Chemnitz endgültige Lebewohl sagen. Dafür ist die Hassliebe mittlerweile viel zu groß und allumfassend, als dass das von heute auf morgen überhaupt gehen würde. Außerdem: Ohne unsere dezenten Sticheleien und Hinweise auf Missstände wäre die Stadt mit 99%iger Wahrscheinlichkeit bereits längst den Bach runtergegangen. Das Risiko wollen wir auch zukünftig einfach nicht eingehen. Deswegen, liebes Chemnitz – um es mit den Wortes eines berühmten Laubsägenstimmenrappers zu sagen: „Dies ist kein Abschied, denn wir waren nie Willkommen!“ Und: Hello Leipzig!

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