Rein oder nicht rein? Das ist hier die Frage: The Doors of Decision
Rein oder nicht rein? Das ist hier die Frage: The Doors of Decision

Rein oder nicht rein? Das ist hier die Frage: The Doors of Decision

Sie sind aus Stahl, erfüllen Brandschutzverordungen und sind meistens geschlossen: Die Türen der Chemnitzer Clubs. Im Grunde unterscheiden sie sich nicht von allen anderen Türen. Und auch die Tatsache, dass öfter wartende Menschen vor ihnen stehen, hebt sie nicht unbedingt von einfachen Klotüren ab. Was eine echte Clubtür wirklich auszeichnet ist ihre „Härte“. Rein oder nicht rein? Das ist hier die Frage:

Weltecho
Eine Chemnitzer Clubtür: Am Tag belangloser Durchgang. Bei Nacht, Pforte der Entscheidung.

Die „Härte“ einer Clubtür verhält sich meistens proportional zur Größe der vor der Tür wartenden Menschenmenge und findet Ausdruck durch schwarzgekleidete Damen mit ernstem Blick und Herren mit tiefer Stimme. Der weltbekannte Spruch „Du gommst hür nisch rein…“ verlieh dieser Härte ein humorvolles Antlitz, doch für viele junge Menschen in unserem Land bedeuten diese Worte eine Katastrophe. Sie sind nach stundenlangem Warten vom einen auf den anderen Moment ausgeschlossen von allen Glücksgefühlen, die hinter der Clubtür auf sie gewartet hätten. Sie dürfen nicht teilhaben am gesellschaftlichen Happening, dürfen nicht dabei sein, wenn sich die Auserwählten zur Balz auf der Tanzfläche versammeln und eine lustige Begebenheit die nächste jagt. Und die Folgen gehen noch weiter: Kein Facebook-Post mit Ortsangabe aus dem Club, keine Verlinkung auf Partyfotos in der Woche danach, keine neidischen Likes, kein Selbstwertgefühl, kein Leben: Teenager-Supergau!

IMG_3554
Nach 10 Bier eine der anspruchsvollsten Passagen des Chemnitzer Nachtlebens: Der Eingang zum Brauclub

Die jungen Chemnitzer Clubgänger können sich allerdings sehr glücklich schätzen. Während in Berlin an jedem Wochenende ganze Heerscharen an ambitionierten Jugendlichen durch die Türen des Berghain oder Watergate ins gesellschaftliche Loosertum verbannt werden, ist es hier vergleichsweise einfach in die Clubs zu kommen. So lange man noch ohne fremde Hilfe einigermaßen geradeaus laufen kann und nicht bewaffnet ist, sollte es fast überall klappen.

IMG_3502-klein
Gemein: zwei Clubtüren hintereinander in der Sanitätsstelle

In unserer Serie über die Menschen hinter dem nächtlichen Kulturbetrieb in Chemnitz haben wir bereits mit Veranstaltern und DJs gesprochen. Nun trafen wir uns mit jemandem, der die Clubtüren mehrerer Chemnitzer Clubs betreut und mit seinen Mitarbeitern Woche für Woche zu entscheiden hat, ob jemand clubtauglich ist oder nicht:

 

Türsteher Denis Wiesner:
(Konfektionsgröße: XL // Schuhgröße: 43 // Lieblingsfarbe: naviblau)

Was sind deine einprägsamsten Erfahrungen an der Tür, sowohl positiv als auch negativ?

Als besonders negativ ist mir der Silvesterabend vor drei Jahren im Weltecho in Erinnerung. Nach Einlassstopp versuchten einige Besucher sich mit Gewalt Eintritt zu verschaffen, beschimpften und bespuckten uns und beharrten darauf reingelassen zu werden. Schön ist es, wenn man die kleinen Dankschätzungen der Gäste mitbekommt. Kleine Komplimente oder auch einfach nur ein „Danke!“

Groupies? Wieviele? Namen!

Haben wir sicher, aber darauf legen wir keinen Wert und halten da eher Distanz. Wir sind also gegen jede Charmeoffensive gewappnet.

IMG_3524-klein
Irgendwo in Mexiko: Die Tür zum Del Sol

Was ist künftig noch von dir zu erwarten? Projekte?

Gerade sind wir dabei eine neue Firma zu gründen, mit einer etwas breiteren Angebotspalette, sowohl im Kunst- als auch im Politikbereich. Wichtig dafür ist auch mein Kontakt zu Regisseur Peter Ohlendorf (Anm.d. Red.: Blut muss fließen – Undercover unter Nazis. Dokumentarfilm 2012). Auch damit möchten wir noch einmal deutlich machen, dass wir nicht in die rechte Szene einzuordnen sind. Wir wollen innovativ sein und uns verstärkt auf unsere Kunden einlassen. Qualität ist uns sehr wichtig, zu der unbedingt der tolerante, offene und respektvolle Umgang auf sachlicher Ebene mit Kunden und Gästen gehört. Wir führen auch aus diesen Gründen sehr genaue Einstellungsgespräche. Stupide und intolerante Prolls wollen wir nicht im Team. Wir wollen, dass sich die Gäste wohlfühlen. Da kennen wir keine Vorurteile und berufen uns auf höfliche Umgangsformen und Kommunikation auf Augenhöhe.

 

Wie steht es um die Konkurrenz in der Stadt und wie ist der Umgang untereinander?

Es gibt eine Menge Konkurrenz in Chemnitz. Beispielsweise Cobra, da habe ich früher gearbeitet. Oder die Leute vom S3, die das SAX, Diamond oder auch den Fuchsbau betreuen. Dadurch, dass für viele von denen das Weltecho oder beispielsweise auch das Atomino für Zecken- oder auch Assischuppen halten, habe ich hier meine Nische gefunden und ich fühle mich sehr wohl damit. Ich mag Gäste und Betreiber.

IMG_3486-klein
Leuchtreklame mit eingebauter Disko: Das SAX

Wirklich Stress gibt es zwischen den verschiedenen Firmen nicht. Die Vorurteile der anderen ist zwar oftmals groß und ja, da gibt es viele aus der rechten Szene und niemand gönnt sich etwas, aber wenn es darauf ankommt arbeiten wir zusammen.

Dusche oder Badewanne?

Stimmungsabhängig

„Whoop Whoop“ oder Jawoll?

Weder noch

 David Hasselhoff oder David Bowie?

David Bowie

 Ü30 oder U20

Ü30

 Weltecho oder Atomino?

Weltomino

Was ist dir peinlich /nicht peinlich?
Mir ist nicht viel peinlich, außer wenn jemand intolerant anderen gegenüber ist. Dann schäme ich mich fremd. Nicht peinlich ist mir, dass ich stolzer Rassekatzenbesitzer einer BKH (Britisch Kurzhaar – Anm. d. Red.) namens „Nemo vom Schlösschen Himmelblau“ bin.

IMG_3567-klein
Bald nicht mehr im Club der Clubtüren: Der Eingang des Diamond

 

Ein Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.