Grau ist das Eigenschafts-Wort, das auf diesem Blog mit Abstand am häufigsten geschrieben wurde, das verrät uns zumindest die gefühlte Wahrheit, und die lügt bekanntermaßen nie. Ja, das farblose Wörtchen “grau” haben wir als Adjektiv und Substantiv bereits derart oft verwendet, dass wir es fast schon zum Verb erklären könnten. Grauen. Ich graue, du gräust, er graut: Grau ist unsere Stimmung, grau ist unsere Stadt, grau werden auch bald unsere Haare sein, wenn wir hier so greisgrämig weiter schreiben.
Grau – das ist schwärzer als Weiß und weißer als Schwarz. Besser als böse, böser als gut. Mehr nichts als sagend, mehr trüb als sinnig, mehr Mono als Ton. Dauerfröhlichcamper und versonnenstrahlte “Die Welt ist schön”-Finder werden uns an dieser Stelle natürlich wieder Graumalerei vorwerfen. Aber Grau ist ja auch die Nicht-Farbe der Melancholie, jenem Gemütszustand der schönen Traurigkeit, in dem wir uns so gerne suhlen, und deshalb lieben wir Nebelschwaden. Sogar in Chemnitz. Denn Chemnitz ist die graue Eminenz unter den deutschen Großstädten. In jeder Hinsicht: Sachlich, alt, unscheinbar, bescheiden, langweilig, gleichgültig und zubetoniert. Eine gigantische Grauzone.
Das liegt einerseits natürlich an Hitler, wie eigentlich alles Grausame in Deutschland, zum anderen an stadtplanerischen Verfehlungen in der Nachwendezeit. Die wiederum führten dazu, dass die Stadt ihre kriegsgeschundene Seele an einen Immobilienmogul aus Bayern verkauft hat – den Grauleiter von Karl-Marx-Stadt, Klaus Kellnberger. Dem grauen Star der Stadt gehören unter anderem das Terminal 3 und der Asphalt an der Zenti und ins Conti-Loch baut er gerade das nächste Beton-Monster, das neue Technische Rathaus, und neulich war sogar von einem geplanten Kellnberger-Tower die Rede, dem World Gray Center von Chemnitz.
In farb- und selbstloser Mission haben wir an einem sonnigen Mittwochmorgen die Grauzonen des ehemaligen Zonengraus durchstreift, um für euch eine Chemnitz-eigene Farbenunfroh-Palette anzulegen. Und präsentieren nun stolz: Die Shades of Grey der Chemnitzer City. Grau wird ja fälschlicherweise häufig als eintönig empfunden, als fade Farbe der Monotonie – dabei hat Grau mindestens so viele Gesichter wie die Zenti und ist facettenreicher als jeder siebenfarbige Schornstein dieser Welt. Deshalb gilt hier und jetzt:
Diese 98273498 Grautöne musst du gesehen haben, bevor du erblindest.
Als Endgegner auf einer Farbskala von hässlich bis deprimierend diente dabei übrigens das Grau der Gräue, der absolute Super-GRAU – der Weinholdgrau an der TU Chemnitz, das höchste Paint- und härteste Beton-Level architektonischer Graustufen-Kunst.
Es folgt ein kleiner digitaler Stadtspaziergang in der Grauen Hölle von Ostdeutschland, den wir zukünftig auch als geführte Tour anbieten werden – bei schönem Wetter würden wir allerdings davon abraten.
Nischl/Brückenstraße:



Straße der Nationen/Opernplatz:



Brühl




Hauptbahnhof:



Conti-Moloch




Zentralhaltestelle/Cash-Center



Galeria/Innere Klosterstraße





Am Wall/Stadthallenpark








