Und so fand er sein jähes Ende, der 31. Dezember, der selige Silvester-Segen, der einzige Tag im Jahr, an dem man sogar in Chemnitz auch nach 23 Uhr noch Lärm in der Innenstadt machen darf. Krach, so scheint es, wird zum Jahreswechsel hier ganz besonders intensiv gefeiert – und dementsprechend enthusiastisch auch kriegsähnliche Knallerei in die himmlische Peripherie gefeuert. So lange, bis das ganze Pulver, das Geld, der Krach, die Euphorie, die Energie schon wieder verschossen ist, bevor das neue Jahr überhaupt beginnt. Am Ende des bunten Lichtspektakels, das die sternhagelvolle Winternacht Jahr für Jahr auf`s Neue erhellt, steht trotz des grenzenlosen Geböllers, trotz aller wilder Zukunftsspekulation und guter Vorsätze dennoch nur bei den wenigsten eine echte Erleuchtung. Vielmehr ist das, was bleibt vom alljährlichen Urknall, eine große Leere, ein akuter Anfall von Sentimentalität, vielleicht auch Selbstmitleid, eine beachtliche Menge Restalkohol und das körpereigene Gänsefett, das sich während der Weihnachtstage in der Bauchregion angesammelt hat.
Aber weil Neujahr ist, und weil wir brave Blogger sind, wird es Zeit für einige wehmütige Zeilen zum Jahresende respektive Jahresanfang.
Zugegeben: 2013 war nicht so ganz unser Jahr. Okay, immerhin konnten wir die Zahl unserer Facebook-Likes fast verdoppeln, und so geschah es auch, dass der eine oder andere bitterböse Bash zu erhöhtem Verkehrsaufkommen eurerseits und größenwahnsinnigen Fame-Fantasien unsererseits führte. Außerdem schafften es zwei unserer Videos in den 371-Leserpoll, ein Gefühl wie die Auszeichnung mit Grimme- und Nobelpreis gleichermaßen, weshalb wir auch 2013 wieder ein paar Filmchen nachlegten, in der Hoffnung, endlich mal mehr als 50 Klicks zu generieren, was uns dann gegen Ende des Jahres irgendwie auch gelang. Dazwischen allerdings passierte im Grunde genommen nichts. Nicht bei uns, auch nicht in der Stadt, über die wir so gerne schreiben. Gut, Nichts ist natürlich übertrieben. Abgesehen von den üblichen verdächtigen Parties, Geizhälsen, Ironiefreien und Desinteressierten, schafften es doch einige außerordentliche Begebenheiten die Chemnitzer Grundfesten mal so richtig zu erschüttern: Die Umbenennung des TACs in Bar Ausgleich zum Beispiel oder der tragische Todeskampf des Sachsenfernsehens. In der Uni schiss man lieber Zuhause, am Terminal 3 strahlt statt Sternenlicht jetzt ein dicker Diamant, aus re:marx-Redakteuren wurden evakuierte Flutopfer, Kraftklub hielten sich für Kosmonauten, ein ominöser Kachelmann kachelte sich in die städtische Streetart-Szene, und im Kino lief „Die Ostsee von Oben“, der Film des Jahres. Ach ja, und dann war da noch die Sache mit dem Atomino und der darauffolgende, laut tosende Sturm der Entrüstung, den alle Beteiligten letztendlich aber doch ganz gut überlebt haben. Quelle surprise!
Das alles, das nichts ist, sowie manch vage verschwommener Zukunftsentwurf führte dazu, dass wir uns nicht nur permanent zwischen Genie und Wahnsinn, sondern auch zwischen Aufgeben und Weitermachen, resignieren und hoffen bewegten. Was wiederum dazu führte, dass wir Anfang Oktober mit unserem vermeintlich letztem Beitrag das Ende einer Ära einleitenden, eine Zäsur im Dasein von re:marx, die zeitgleich natürlich auch den Anfang einer neuen Zeitrechnung markierte. Denn eine beispiellose Protestaktion einiger stiller Anhänger konnte re:marx gerade so davor retten, mit einem leisen Blubb für immer aus der Chemnitzer Blogosphäre zu verschwinden. Stattdessen schöpfen wir erstmal noch ein bisschen Hoffnung und Motivation aus den Momenten, die grelles Neonlicht ins düstere Dunkelgrau bringen, und die es auch im lauten Stillstand 2013 immer wieder gab: die heiße Sommerglut des Jahres 2084, Moni K.s Textilien aus Karl-Marx-Stadt, diverse FEST.ivitäten in der Spinnerei, das eine oder andere Konzert im aaltra oder Lokomov, Emmas Onkel wird sesshaft. Zum Beispiel. Auch wenn wir heute nicht wissen, was die Post-re:marx Ära morgen so bringt – wir werden natürlich versuchen, schneller, besser, regelmäßiger und aktueller zu sein. Vermutlich wird uns das eh nicht gelingen, vielleicht wird der Stillstand siegen, aber dann können wir uns ja immer noch auf’s Heimscheißer verpissen. Egal; die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt und wir sind proud to be a re:marxler. Bis hierhin: Danke für`s Lesen und Liken und ein fuchsfröhliches 2014 euch allen.
Weil ein echter Jahresrückblick jedoch nicht ohne Best-Of-Liste auskommen darf, gibt es hier unsere exklusive Top 9. Da wir der Meinung sind, dass wir auf dem Gebiet Bloggen in Chemnitz echte Pionier-Arbeit leisten, küren wir dieses Jahr besten Nachahmer 2013 – sozusagen Ersatzfutter für den Fall, dass es re:marx 2015 nicht mehr gibt.
9. LOST CHEMNITZ
8. Quo vadis Chemnitz
7. Freie Presse Volo Blog
6. Wir sind die Zukunft – die Jugend der Region Chemnitz
5. Unterwegs in Karl-Marx-Stadt
4. Unser Chemnitz und Karl Marx Stadt
3. Dinge, die ein Chemnitzer nicht sagt
2. Herzschlag der Moderne
1. Der Postillon