Post der Moderne (KW 15): Was diese Woche in Chemnitz geschah.
Post der Moderne (KW 15): Was diese Woche in Chemnitz geschah.

Post der Moderne (KW 15): Was diese Woche in Chemnitz geschah.

Zunächst eine allgemeine Meldung, die uns diese Woche sehr bewegt hat: Der Chef von Rügenwalder Mühle hat gesprochen und es klingt ein wenig wie eine wegweisende Weisheit von Konfuzius: „Die Wurst ist die Zigarette der Zukunft“, sprach er.  Weil die Wurst zunehmend unbeliebter wird und Wurstesser im veganen Weltbild ähnlich beliebt sind wie Raucher in Restaurants. Allein die Gefahr des Passiv-Wurstessens könnte schließlich Tiere töten und darf auf keinen Fall unterschätzt werden. Es dürfte also nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sich das Wurst-Verbot in Supermärkten durchsetzt. Was ungerecht wäre, denn auch Rohkost kann gefährlich sein. Wir finden die Rügenwalder Analogie aber ganz aufregend: Denn irgendwie galt Rauchen ja mal als cool, als ein Ausdruck der Rebellion, ein stinkendes Statement der Non-Konformisten und war manchmal trotzdem sexy. Wenn das nun bald auch für die Wurst gelten sollte, dann haben wir bisher alles richtig gemacht.

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Alles richtig macht stets die Deutsche Bahn. Jüngst hat sie die viel frequentierte Strecke Chemnitz-Leipzig abgetreten – an die Parkeisenbahn. Beziehungsweise an die Mitteldeutsche Regionalbahn, die die Strecke nun mit einst ausrangierten und jetzt aufgepimpten Reichsbahn-Wagen, also so etwas ähnlichem wie der Parkeisenbahn, befahren will. Was böte sich auch besser an, als Passagiere mit einer Zeitreise in Sechser-Abteilen in die Stadt der Moderne oder aus ihr heraus zu befördern? Ach ja: Eine eigene ICE-Anbindung. Auf die wartet man in Chemnitz vermutlich so lange wie auf die nächste Sonnenfinsternis. Also bis 2081 – das könnte knapp werden. Es wundert nicht, dass das manches geduldfreies Gemüt entzürnt  – nach Leipzig  fährt man schließlich bald eine Minute länger statt acht Minuten kürzer. Da können die Sicherungen schon mal durchbrennen. Ob man deshalb aber gleich versuchen muss, den Hauptbahnhof mittels einer Mikrowelle in die Luft zu sprengen, ist die andere Frage. Andereseits: Kann es ein wirkungsvolleres Druckmittel und überhaupt etwas noch Schlimmeres geben als einen herrenlosen Koffer in einem Hauptbahnhof? Wohl kaum! Und so mussten die Spezialkräfte am heiligen Karfreitag extra aus Dresden anrücken um den leeren Elektroschrott im Koffer zu entschärfen und ein pferdeblutiges Tiefkühllasagnen-Massaker ganz knapp zu verhindern. Am Chemnitzer Hauptbahnhof herrschte zum Festtag jedenfalls Ausnahmezustand, oder Bombenstimmung, wie es in schlechten Witzen gerne heißt. Vergessen war der plötzliche Wintereinbruch zu Ostern und das Verkehrschaos auf den Straßen angesichts der öffentlichkeitswirksam aussortierten Auftaustufe. Laut Morgenpost berichteten die Zeugen einvernehmlich, „dass mehrere Bahnkunden einen Zug nach Leipzig wegen der Sperrung verpasst hätten“. Schockschwerenot! Vermutlich fährt bald überhaupt gar kein Zug mehr nach Leipzig. Wegen akuter Koffergefahr. Den strengen Aufsehern der Parkeisenbahn würde sowas mit Sicherheit nicht passieren.

Ein großer Skandal braut sich derweil im Schornstein zusammen. Also in unserer bunten Esse, oder unserem „Lulatsch“, wie sie offiziel heißt. Und weil es so schön klingt, wollen wir hier noch mal die vom französischem Konzeptkünstler Daniel Buren eigens kreierten sieben Farben aufzählen – Aquamarin, Himmelblau, Erdbeerrot, Signalviolett, Gelbgrün, Melonengelb und Verkehrsgelb – und uns an der Doppeldeutigkeit von Verkehrsgelb erfreuen. Verkehrsgelb und die schwierige Differenzierung zwischen Melonengelb und Gelbgrün sind jedoch nicht das gelb-rote Tuch, das den Besitzer eins energie derzeit zur Weißgelbglut treibt. Nein, das Problem ist ein anderes: Unser „Lulatsch“ wird von eins energie  vollkommen zurecht als Chemnitzer Sehenswürdigkeit global vermarktet. Im Erzgebirge drechselte man kleine niedliche Räucheresschen zur Weihnachtszeit und im „Lulatsch“-Fan-Shop kann man Schals, Baby-Socken, Mützen, Bleistifte und Badetücher im Lulatsch-Style  erwerben (Wir verlosen übrigens ein Lulatsch-Fanpaket für unseren 900. Like bei Facebook). Doch dann hat die böse Chemnitzer Werbeagentur Kent&Clark einfach eigene kleine Räucheressen durch den Schornstein jagen wollen – beziehungsweise solche an ihre Kunden verschenkt. Weil Farben wie Verkehrsgelb  aber markenrechtlich geschützt gehören und die Farben-Urheberrechte vom Franzosen an den Stromversorger übertragen wurden, hat eins energie jetzt für eine gerichtliche Unterlassung gesorgt.

Was sonst noch geschah: Im Conti-Loch wird gerade gebohrt wie in einem maroden Zahn. Die MoPo sucht das Super-Schlagloch – da könnte man gleich ein Foto vom Conti-Loch einsenden. Der CFC gewann das Heimspiel gegen Dynamo mit 2:0 – aber die ganze Welt rätselt, warum diese Tribüne leer blieb. Superstar Randy Baker, Model, Musik-und Schwulenporno-Ikone und natürlich Chemnitzer, spricht „Karriere“ englisch aus und gerät bei BILD unter Tourette-Verdacht. Der Grund: Er fluchte während des Sangesvortrages und flog am Samstag beim Bohlen raus. Also aus der Show DSDS. Ähm: Muss man die kennen? Kennen sollte man das Kosmonaut-Festival und dessen geheimen Headliner. Denn wenn man den richtig errät, gewinnt man vielleicht ein Wohnzimmerkonzert mit… naja, K.I.Z. Wir tippen neuerdings ganz klar auf Randy Baker und räumen schon mal unsere Sofas zur Seite. John B. Emerson, ein Name, der klingt wie der eines in die Jahre geratenen Classic-Rockers, der aber doch nur dem US-Botschafter gehört, lieferte bei seinem Chemnitz-Besuch im Interview mit Sachsen-Fernsehen (sehenswert hier der vorgeschaltete Tena-Lady-Spot) ein glühendes Plädoyer für die Kunstsammlungen. Und für das lang ersehnte Freihandelsabkommen.

Besonderer Veranstaltungstipp für das Wochenende:  Die SaxCat 2015

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