Re:marx. Ein Name wie ein Verbrechen. Ein Name, der Industrie- mit Popkultur und kreativlose Arbeiterklasse mit arbeitsloser Kreativklasse vereint und der mit dem hippen Doppelpunkt zudem noch für grafische Raffinesse im steinernen Wortwitzwald der Chemnitzer Kulturszene sorgt. Party, Pop und Poesie: Ein Slogan, der das Gehör so zart umschmeichelt wie ausgelassene Butter ein saftiges Schnitzel. Nur inhaltlich scheint Re:marx derzeit passiver als die brasilianischen Abwehrreihen und ideenloser als Özil beim Passspiel. Das einzige was hier noch errichtet wird, ist eine Mauer der Ignoranz. Zeit, dieser bloggenden Selbstherrlichkeit eines unserer gefürchteten „abgefakts“ zu widmen.
Das war:
Gegründet: wurde Re:marx vor dreihundert digitalen Jahren, nämlich 2011. Eine wilde, eine unbeschwerte Zeit, in der man noch Statusmeldungen und rote Herzen bei Facebook postete und dabei Witch House hörte. Aus Witch House wurde Future R’n’B und wofür genau Facebook eigentlich noch gut ist, weiß mittlerweile keiner mehr. Heute erzählt man sich die Legende, Re:marx sei ursprünglich als mediale Plattform für die sagenumwobene Beta-Bar gedacht gewesen. Der Hauch einer absurden Idee, zum Leben erweckt von einer handvoll irrer Musikredakteure des ausblutenden Radio UNiCC – eine sektenartig eingeschworene Gemeinschaft, fest vereint im Glaube, Jeffer sei der beste Song aller Zeiten.
Was bisher geschah: Nach Jahren mickriger Klickzahlen und monatlichen, als Redaktionstreffen getarnten, Besäufnissen zwischen ausbleibender Resonanz und sich anschleichender Resignation, blühte der Blog im vergangenen Jahr plötzlich auf und statt räudigem Sterni gab es bei den Treffen nur noch edlen Pfeffi. Re:marx avancierte zum letzten große Mythos des Chemnitzer Nachtlebens. Gerüchte wurden laut über einen Schatten im Osten, ein namenloses Grauen ging um, ein gnadenloses Gebashe: Herzlos und kaltblütig, feige gehüllt in den duckmäuserischen Deckmantel der Anonymität. Clubs schlossen reihenweise, nachdem Re:marx sie gecheckt hatte, Weltansichten gerieten ins Wanken, Lichtgestalten wie Rico Ranunkel erschienen auf der Bildfläche, andere verschwanden. Renommierte Chemnitzer Leitmedien wie das 371 sprachen bereits vom „wichtigsten popkulturellen Medium der Stadt“. Formate wie „Zehn/Kurze Fragen“, „Hit The Klo, Check“ und „Po:esie“ verhießen Sex, Drugs und Rock’n’Roll. Plötzlich wollte sich Prominenz gemeinsam mit Re:marx besaufen, plötzlich hatte Re:marx über sechshundert Likes bei Facebook, plötzlich glaubte man wieder an eine Chemnitzer Zukunft. Doch dann kam der Sommer.
Das ist:
Die Redaktion: Fühlt sich als Blogger-Elite und führt sich auch dementsprechend auf -ist im Grunde genommen aber nichts weiter als ein loser Verband wahnsinniger Geisteswissenschaftler (sogenannte „Kreative“), ohne anständige Arbeit, aber mit ordentlich Alkohol im Blut, die krampfhaft versucht, ihre eigene Perspektivlosigkeit auf die Stadt zu projizieren. Wie keine andere steht die Re:marx-Redaktion, deren einzige Säulen Schnaps und Titten zu sein scheinen, für eine absolut widerliche Doppelmoral: Herablassende Äußerungen über Assis an der zentralen Zenti oder im Bernsdorfer Netto sollen über den eigenen Alkoholismus hinweg täuschen, der in pseudo-investigativ-journalistischen Formaten wie „Zehn/Kotze Fragen“ öffentlich und bis zum Erbrechen ausgelebt wird.
Was von Re:marx übrig bleibt, wenn es mal nicht um Schnaps und Titten geht: Sieht man derzeit nur zu gut: Nichts. Beziehungsweise: Eine angebliche Redaktion, die in ihrer eigenen Inhaltsleere versinkt und der keine besseren Themen einfallen, als „wir könnten ja mal die schlechtesten Witze unserer Treffen vorstellen“ oder „ein abgefakt re:marx machen“ oder „die Bibel neu schreiben – in Hashtags“ oder „komm lass uns Linke provozieren gehen“. Journalistische Selbstbefriedigung auf allerniedrigstem Niveau, wofür es eigentlich keine angemessenen Entschuldigung gibt, außer natürlich…
Das Sommerloch: Eine Ausrede, fauler als der vor drei Wochen vergessene Pfirsich ganz unten im Rucksack. Für ein echtes richtiges Sommerloch müsste ja erstmal richtig echt Sommer werden. Das re:marx’sche Gefasel vom Sommerloch, es ist lediglich ein Vorwand dafür, an dieser Stelle nicht über den miesen Geschmack der Masse tangierende Dinge schreiben zu müssen, die bei Facebook mehr Fame als die eigene Seite haben und damit auch noch Geld machen. Stattdessen ignoriert man die Existenz von Rock am Kopp, dem Pressefest, der Spinnerei, den Begehungen und die Probleme im Stadthallenpark, tut so, als wäre das alles nie passiert, und macht plötzlich einen auf Kunst.
Die Texte: Sind bestenfalls im Zynismus erstarrtes Wutbloggertum, das sich genüsslich in der finsteren Grotte des eigenen Wortwitzes suhlt. Wobei „Witz“ ein sehr, sehr weiter Begriff ist. Re:marx ist eine Bastion der Arroganz: Distanziert, emotionslos, sarkastisch. Selbstgefällig. Den Kontakt zur Realität und den Draht zum Chemnitzer Otto-Normal-Surfer hat man längst verloren. Lieber labt man sich an äußerst albernen Alliterationen, die ganz gewisse selbstverliebte Schreiberlinge höchstens als Honorar-Hilfskraft für „Bauer Sucht Frau“ qualifizieren würden und die in Sachen populistischer Plakativität der BILD in Nichts nachstehen.
Die Homepage: Selbst in den Achtzigerjahren hätte man hippere Homepages programmiert. Logo und Layout sind lieblos und dilettantisch und die Farbe türkis war zuletzt 1995 cool. Hinzukommt, dass weiße Schrift auf schwarzem Hintergrund ernsthafte Sehstörungen verursacht und fast so blind macht wie Masturbation: Wenn es schon nicht an den wirren Texten liegt, so wird das Lesen spätestens hinsichtlich der optischen Kriterien zur absoluten Qual. Außerdem: Dass dieses Blog jetzt plötzlich ein Impressum hat, ist eine Frechheit. Illegal. Und überhaupt: Was denken die eigentlich, wer sie sind?
Wer Re:marx wirklich ist: Kürzlich wäre es dem Blitz-Magazin fast gelungen, ein Foto vom „Mann hinter re:marx“ zu machen. Weil sich dieser aber selbst für eine Teilnahme am Myblöggchen zu Schade war, lehnte der Mann hinter re:marx natürlich ab und drohte mit einer Unterlassungsklage, woraufhin neue Gerüchte laut wurden, ein derart divenhaftes Gehabe sei ein eindeutiges Zeichen dafür, dass es sich beim Mann hinter re:marx nur um eine Frau handeln könne. Oder um mehrere Frauen. Oder mehrere Männer. Wir wollen diesen Anlass nutzen, und an dieser Stelle exklusiv das erste öffentliche Foto des Mannes hinter re:marx zeigen:
Kurzum: Von wegen Party und Pop (von Poesie wollen wir hier gar nicht erst anfangen)! Das hier ist absolut re:nix. Titten, Schnaps und …(äh, ja was genau eigentlich?)… schlechte Wortspiele träfen es wohl besser, wenn man bedenkt, dass selbst die Junge Union in der Stadt Chemnitz derzeit mehr Impulse setzt als diese selbsternannte Popkultur-Elite.
Das könnte sein: Re:marx rafft sich wieder auf und trinkt endlich zehn Schnäpse mit Felix Kummer Babara Ludwig.
Das wird wohl nichts mehr: Ein Meet und Greet mit dem 2000. Liker der Re:marx-Facebook-Seite im SAX.
Und dabei könnte man über so viele tolle Sachen aus Chemnitzer Hinterhöfen berichten, deren Ideen aber anscheinend für die hiesige Medienwelt absolut unsichtbar zu sein scheinen.
Es gräbt ja auch keiner danach. Oder warum berichtet jeder nur über Themen, die direkt bis in die Wohnung des Redakteurs getragen werden? Da ist noch mehr!
mach doch selber